Zum Inhalt gehen

Ich war Kriegsgefangener

26.10.2024 - 15.10.2025

Mit diesen Worten haben Hunderttausende ehemalige Soldaten ihre Erzählung über das Erlebte im Ersten Weltkrieg begonnen. Diese Ausstellung bietet einen Bruchteil der langen Geschichten von achtzehn Kriegsgefangenen an, davon zwei, welche die langen Jahre der Gefangenschaft im Fernen Osten überlebt haben. Alle anderen überlebten ihre Kriegsgefangenschaft in Europa, in serbischen, österreichisch-ungarischen, deutschen und italienischen (Konzentrationslagern) Lagern für Kriegsgefangene oder bei der Arbeit im Hinterland. Mittelalterliche Burgen, verlassene Festungen, Baracken in neuen Lagern…Krasnojarsk, Taschkent, die Baustelle der Eisenbahn in Murmansk, Rastatt, die Burg in Azzano, die Burg von Ljubljana, Schloss San Giusto in Triest, Cassino,…Ja. Auch die Insel Asinara und Mauthausen. Berüchtigte Orte!

Heute finden hier keine Aufführungen historischer Geschehnisse statt, bei denen man zur Zufriedenheit der Touristen, in »historischen« Uniformen fröhlich aufeinander schießt, schreit, angreift, Explosionen und Rauch entstehen lässt…Sogar museale Vorstellungen wären eine große Herausforderung, der Besuch der Friedhöfe der Kriegsgefangenen im Fernen Osten fast »Mission Impossible«. Genau so ist es unmöglich im Rahmen der Ausstellung eine Übersicht des endlosen Mosaiks der Schicksale der einzelnen Personen, der Geschehnisse und der statistischen Angaben darzustellen. Der Zweck der Ausstellung ist es durch die Worte einzelner Personen wenigstens eine Möglichkeit zum Nachdenken über das Schicksal von Millionen von jungen Burschen und Männern, nach Bewertungen waren es fast sechs Millionen (!), zu geben. Diese leben heute am Rande des Kollektiven Gedächtnisses der Völker. Bereits während des Krieges wurden sie nach den misslungenen Aktionen der Befehlshaber bei den Verlusten lieber unter »vermisst« eingeordnet. Die große Anzahl der Gefangenen könnte sonst an eine schlechte Moral und das Suchen nach einem Ausweg aus der Hölle erinnern, in die diese Menschen von den Kriegsherren geschickt wurden. Ein Ausweg? Gefangenschaft oder möglicherweise eine „glaubwürdige“ Verletzung? General Robilant, Befehlshaber des italienischen VI. Armeekorps, Kobarid, 16. August 1915: »Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass die Verwundeten des 89. Infanterieregiments durch Schrapnelle an verschiedenen Stellen des Körpers verletzt wurden. Währenddessen aber die Verwundeten des 41. größtenteils eine einzige Schusswunde in den linken Arm haben, was die Vermutung einer Selbstverstümmelung nahe legt… « Man musste die Soldaten vor der Kriegsgefangenschaft mit den Angaben von den schlimmen Verhältnissen in den Lagern, dem Hunger, den erbarmungslosen Kosaken, den Österreichern, die genauso wie sie die eigenen Soldaten bestrafen würden und

auch die Kriegsgefangenen brutalst bestrafen ….erschrecken. Als sie zu Zeugen der Kriegsverbrechen wurden, die ihre eigene Armee auf besetztem Gebiet ausführte, hatten sie auch ohne eine solche Propaganda Angst vor Vergeltung. Die Internationale Gemeinschaft hat mit der Haager Konvention im Jahre 1907 die Regeln des Umgangs mit Kriegsgefangenen festgelegt, doch die Realität zeugt davon, dass diese Regelung im großen Umfang nur auf dem Papier besteht. Den großen Krieg, der kurz darauf folgte, konnte sich keiner vorstellen. Es war sehr schwer ein einheitliches System und eine einheitliche, entsprechende Behandlung von Hunderttausenden zu erstellen. Es war einfacher den Gefangenen eine bezahlte Arbeit anzubieten, mit der sie sich das Überleben sichern konnten. Die Abordnungen der internationalen Ausschüsse des Roten Kreuzes konnten somit sehr verschiedene Zustände in hunderten von Kriegsgefangenenlagern verzeichnen – von vorbildlichen bis zu katastrophalen. Die Probleme begannen bereits beim Befehlshaber, der Nahrung, der Gesundheitsversorgung, dem Heizen, der Kleidung, den Schuhen, den sanitären Verhältnissen,…Keiner der Unterzeichnerstaaten dürfte sich während des Krieges und danach loben können die auferlegten Regeln folgerichtig erfüllt zu haben. »Die Herren des Krieges« konnten dies nicht und oftmals wollten sie es auch nicht. Es war und ist immer noch schwer, sich im Spiegel anzuschauen!

Und heute?