Im Hinterland des IV° Korps der italienischen Armee
20.10.2012 - 05.10.2013Die Ausstellung möchte den Besucher vor allem durch zahlreiche Fotos ansprechen, deren Aussagekraft auch von kurzen Zitaten von Angehörigen des italienischen Armeekorps ergänzt wird. Die meisten Geschichten über das schwerste Leid sind mit den Kriegsteilnehmern verschwunden, die in den Kämpfen ums Leben kamen. Da sich unter den Angehörigen der italienischen Infanterie großteils Analphabeten befanden, haben sich ihre Geschichten nur durch mündliche Überlieferung erhalten.
Umfangreiche und genaue schriftliche Darstellungen waren das Privileg der Gebildeten, die Glorifizierung des Sieges im »großen Krieg« hat einigen sogar zur Veröffentlichung in Buchform verholfen. Beim Lesen ist der Geist der damaligen Zeit zu berücksichtigen, sicherte doch die Verherrlichung der Ideale der »Erlösung der heiligen italienischen Gebiete« vom Joch der Habsburgermonarchie den Verfassern in der Zeit des Faschismus, knapp vier Jahre nach Kriegsende, zweifelsohne das Wohlwollen der Machthaber.
Eine eigene Geschichte präsentierte damals den Lesern selbst der Duce und Gründer des Imperiums, der ehemalige Bersagliere Benito Mussolini. Auf der Ausstellung gesellt sich ihm Don Feliciano Marini hinzu, »Soldat der Kirche und des Vaterlandes«, Sanitätshelfer und später Kurat. Zuweilen ähneln seine Schilderungen eher den Betrachtungen eines Offiziers als denen eines Geistlichen, erscheint ihm doch die Zahl der Toten und Verwundeten in manchen Aktionen ein akzeptabler Verlust im Kampf um die heiligen Ziele zu sein. Die Euphorie der beiden wird durch Francesco Orlandi, Schreiber in der 1. Kompanie des 155. Infanterieregiments ausgeglichen, der sich unentwegt die Frage stellt, wann der schreckliche Krieg zu Ende sein und endlich Frieden herrschen wird.
Ähnlich sind auch die idealisierten Bilder der slowenischen Bewohner und der italienischen Soldaten auf Veranstaltungen, Picknicks und Gedenkfeiern zu beurteilen und zu berücksichtigen, dass sie für die Veröffentlichung im Druck gemacht wurden. Nicht einmal der Bersagliere Mussolini hat ihnen geglaubt. Eine gute Beschreibung der Verhältnisse im letzten Einsatzjahr des Armeekorps bietet dessen Kommandeur, Generalleutnant Alberto Cavaciocchi. Da er zu einem der Schuldtragenden am Debakel in der Schlacht um Karfreit erklärt wurde, durfte er sein 1923 verfasstes Buch nicht veröffentlichen, es kam erst 83 Jahre später, im Jahr 2006, heraus.
Einen genauen Einblick in die Organisation und Struktur des starken Armeekorps ermöglicht nur eine Sichtung des umfangreichen Materials der Archive des Historischen Amtes der italienischen Armee in Rom. Auf der Ausstellung sind nur symbolisch einige Dokumente dieses Archivs zu sehen. Einen ganzheitlichen Einblick in die Verhältnisse und das Zusammenleben der Soldaten und der Bevölkerung im Hinterland bieten erst neuere Veröffentlichungen von Forschungsergebnissen, wobei dem Buch der Historikerin Petra Svoljšak »Soča – Sveta reka« (Isonzo – Heiliger Fluss) eine herausragende Bedeutung zukommt.
Für ihre Anregung und Mitwirkung und die Vermittlung von Ausstellungsmaterial gebührt Petra Svoljšak, Guido Alliney, Ruggero Dal Molin, Mitja Juren, Guido Fulvio und Maurizio Matronola. Aviani großer Dank. Auch allen übrigen Institutionen und Einzelnen, die zur Realisierung der Ausstellung beigetragen haben, sei herzlich gedankt.